Notizen, Kommentare - für www.Diskussionen.de

Freitag, 21. Dezember 2007

Jugenstrafprozessrecht reformieren

Anlass: "Ermittlungs-Pannen in Halberstadt"; Kontraste (ARD), 20.12.2007.

Die recherchierten "Ermittlungsfehler" sind häufig und nur durch aufmerksame Begleitung der polizeilichen und justiziellen Arbeit wenn schon nicht zu verhindern, so jedoch einzudämmen. Sollte die ARD die Strolche nicht anzeigen, die vor laufender Kamera die Reporter beleidigten und bedrohten, dann wäre auch das ein Versagen im Umgang mit Neonazis, denn leichter kann man es mit der Beweisführung von Straffälligkeit nicht haben und darf dann auch nicht darauf verzichten.
Zudem fiel mir an den Bildern vom Prozess auf, dass die NS-Strolche den Gerichtstermin wie einen rechtsextremistischen Wandertag wahrnehmen durften. Mit Szenekleidung ging es fröhlich in den Termin und frecher wieder heraus. Keine Eltern, überhaupt niemand, dem sich Strolche gegenüber verantwortlich fühlen könnten. Dieser häufige Hauptfehler in Jugendstrafprozessen ist allein dadurch vermeidbar, dass per Nebenklage die Zuverlässigkeit von "Gutachten" bestritten wird, wenn zu ihnen nicht auch die Erziehungsberechtigten = Erziehungsplichtigen gehört und einbezogen wurden.
Die Gerichte können zwar Neigung haben, solche weitergreifenden Beweisanträge abzulehnen, weil dadurch Verfahren verlängert würden und auch damit zu rechnen ist, dass in den Zeugenstand berufene Eltern für zusätzliche Ungemütlichkeit sorgen, aber genau bei solchen Eltern halte ich die prozessuale Einbeziehung für unabdingbar, wenn der Jugendstrafprozess sich seinen erzieherischen Zwecken annähern soll.
Die Eltern sind für diese Jugendlichen sozusagen die "Hauptschnittstelle zur Gesellschaft", während Leute wie ich oder gesetzestreue Richter und Polizei ihnen allenfalls "Schweine-Gesellschaft" sind, also an ihr Verantwortungsbewusstsein gar nicht herankommen.

Demnächst habe ich einen Rechtsextremisten vor dem Richter. Nach längerer Pause, wie ich eingestehen muss, denn die Strafverfolgung ist kein Anliegen des Inidia-Projekts und für mich zu zeitaufwendig. Andererseits ärgere ich mich fortlaufend über die Dusseligkeit von Opfern, Polizei und Richtern, muss also schon deshalb mal wieder eine kleínere Straftat gegen unser Projekt strafrechtlich verfolgen. Es ist zu hoffen, dass bei diesem Strolch keine schwerwiegenderen Straftaten entdeckt werden, die dann wieder von meiner Strafanzeige ablenken, denn ich halte es für erzieherisch wesentlich effektiver, wenn auch bei "Vorfeld-Delikten" das Gesetz zur Anwendung kommt - und nicht erst nach Gewaltdelikten.

Die Bedrohungsdelikte und Beleidigungsdelikte gehen den politischen Gewaltdelikten notorisch voraus. Darum braucht es für sie Beachtung und Maßnahmen. Schließlich lohnt der Nachdruck auf die Strafverfolgungsinstitutionen, weil durch die bis zur Nichtverfolgung von Straftätern reichende Nachlässigkeit für die Selbstjustiz mitursächlich ist, mit der sich extremistische Gewalt gegenseitig rausredet und sich selbst belügt. ...

-markus rabanus- >> Diskussion